Ein alter Geländewagen kann durchaus elektrisiert werden, ohne dabei seine Identität einzubüßen
Stille an der Kreuzung: Ein Defender neu interpretiert
Denken Sie an das vertraute Zittern eines betagten Dieselmotors, das sich plötzlich in Stille verwandelt, wenn Sie mit einem 1995er Defender in den Dorfverkehr der Niederlande einbiegen und jedes Knacken sowie jede Amsel glasklar wahrnehmen. Genau das hat Brooklyn Spares mit einem Defender samt 300 TDI-Dieselmotor erreicht: Das Fahrzeug wurde vollständig auf Elektroantrieb umgerüstet. So genießen Fahrer weiterhin die erhöhte Sitzposition und die traktorgleiche Übersicht eines Defenders – jedoch ohne Ruß, Lärm oder heulendes Getriebe.
Restomods neu erfunden: Zweck, nicht nur Leistung
Während fast alle Restomod-Ateliers nach beeindruckenden Prüfstandswerten und concoursfähigen Lackierungen streben, verfolgt Brooklyn Spares einen subtileren, zweckorientierten Ansatz. Firmengründer Michael van Egmond betont, dass der wahre Wert eines Defender 90 nicht allein in militärischer Robustheit, sondern vor allem in seiner Fähigkeit liegt, abgelegene Landrouten gelassen zu bewältigen. Deshalb bleibt das ursprüngliche Nutzfahrzeugkonzept erhalten – nur eben mit zeitgemäßer Technik.
Von Breukelen in die Welt: Authentizität bewahren
Obwohl der Name an New York erinnert, hat Brooklyn Spares seinen Sitz in Breukelen, dem niederländischen Dorf, das Brooklyn seinen kolonialen Namen gab. Jeder Auftrag beginnt mit einer forensischen Karosserieinspektion: Dellen, militärische Unterfahrschutzvorrichtungen oder Reparaturen aus Kriegszeiten bleiben erhalten, sofern die Besitzer sie als Teil der Geschichte betrachten. Das Werkstattarchiv umfasst Series-I-Lastwagen aus dem Forstdienst ebenso wie eine Camel-Trophy-Replika, die noch tansanischen Staub unter der Haube trägt.
Durchdachte Leistungssteigerung statt übermäßiger PS
Statt der üblichen LS-V8-Motoren verbauen die Ingenieure Ford-EcoBoost-Vier- und Sechszylinder, wenn Kunden einen moderaten Leistungszuwachs wünschen. So bleibt die Balance zwischen Leistung, Gewicht und Radstand erhalten und erfüllt gleichzeitig die niederländischen Vorschriften für Geländefahrzeuge sowie die TÜV-Regeln in Österreich und Deutschland.
Charakter statt Optik
Zwar liefert Brooklyn Spares makelloses Blech und maßgeschneidertes Leder, doch lassen die meisten Kunden ihre Trucks bewusst abenteuerlich wirken. Ein Ninety von 1988 verließ kürzlich die Werkstatt in verblasstem NATO-Grün, allerdings mit galvanisiertem Bulkhead und frisch überholten Achsen. Lediglich Sitzflächen und Instrumentenbeleuchtung wurden modernisiert – Authentizität verkauft sich eben besser als Hochglanz.
Warum jetzt ein elektrischer Defender?
Bis 2025 richten mehrere niederländische Städte – darunter Amsterdam und Rotterdam – emissionsfreie Zonen für schwere Nutzfahrzeuge und Geländewagen ein. Ein Diesel-Defender wäre dort künftig außen vor. Die Umrüstung auf Elektroantrieb macht das Kultfahrzeug hingegen stadt- und zukunftstauglich.
Ein Plug-in-Kit, das auch auf Felsen krabbelt
Um die Geländeuntersetzung beizubehalten, hat Brooklyn Spares gemeinsam mit Electrogenic aus Oxford einen Drop-in-Motor entwickelt, der an das originale LT230-Verteilergetriebe angeschraubt wird. Ein 52-kWh-Akku sitzt zwischen den Rahmenlängsträgern, ohne die berühmte Verwindungssteifigkeit des Defenders zu beeinträchtigen. Rekuperationsbremsen wurden so kalibriert, dass Bergabfahrten im ersten Gang wie eine Motorbremse wirken. An Schnellladesäulen lädt das System mit 75 kW in 35 Minuten von 20 % auf 80 %.
Patina mit Sinn
Das erste umgerüstete Fahrzeug – ein sonnengebleichter 110er aus einer Golfstaaten-Auktion – verkörpert die Werkstattphilosophie in Reinform. Lackschäden, sichtbare Nieten und dezente Rostspuren bleiben, während der nahezu lautlose Elektroantrieb neue Einsatzgebiete wie nächtliche Tierfotografie in Nationalparks ermöglicht.
Stoffdach, sauberes Herz
Ein hinter dem Heckträger versteckter Typ-2-Stecker und ein verstärkter Rohrrahmen für das Safaridach verraten die Modernisierung. Der 120-kW-Motor liefert 163 PS und 380 Nm Drehmoment, beschleunigt den rund drei Tonnen schweren Defender in etwa 12 Sekunden auf 100 km/h und ermöglicht dank 0,9 bar Reifendruck souveränes Fahren in Sanddünen.
Eine Kabine, eingefroren in der Zeit
Im Innenraum bleibt die aufrechte Sitzposition erhalten. Ein kleines Display zeigt Ladestand und Reichweite, doch analoge Zusatzinstrumente sorgen weiter für vertraute Optik. So fühlen sich selbst Puristen sofort zuhause.
Einfache Bedienung, moderne Leistung
Zum Starten wird weiterhin ein Schlüssel gedreht; leises Relaisklicken signalisiert, dass die Hochvolttechnik aktiv ist. Die serienmäßige, nun selbstnivellierende Luftfederung senkt das Fahrzeug unter 40 km/h um 40 mm für Parkgaragen und hebt es darüber wieder an – ideal für urbane wie ländliche Einsätze.
Drehmoment ohne Tenor
Beim Beschleunigen hören Fahrer statt Dieselbrummen nur Reifenrauschen und das sachte Surren des Elektromotors. Auf Kopfsteinpflaster fühlt sich der Defender wegen fehlender Antriebsvibrationen sogar stabiler an als zuvor.
Leistungsübersicht
Parameter | Diesel Defender (klassisch) | EV Defender (elektrogen) |
---|---|---|
Drehmoment (Nm) | 265 | 380 |
0–100 km/h (Sek.) | 17 | 12 |
CO₂-Ausstoß (g/km) | 290 | 0 |
Stadtverkehr | Eingeschränkt | Uneingeschränkt |
Quelle: Europäische Umweltagentur, 2024
Vorteile für einen blauen Himmel jenseits der Piste
- Emissionszonen ohne Einschränkungen befahren
- Förderfähige Elektro-Nachrüstung durch MIA-Programm
- Leiser Tourismus in ländlichen Gebieten
- Sicheres Einfädeln im Stadtverkehr dank sofortigem Drehmoment
- Reduzierte Bremsbelag- und Wartungskosten
Euro und Stunden zählen
Ein kompletter Umbau kostet rund 75.000 Euro zuzüglich des Spenderfahrzeugs. Laut Brooklyn Spares sparen Besitzer durch geringere Energie-, Wartungs- und Versicherungskosten jährlich etwa 3.200 Euro, sodass sich die Investition in ungefähr zwölf Jahren amortisiert.